Ein Lokalderby der Marke “Unten gegen Oben” – das hieß am Freitagabend übersetzt #effzeh-Amateure gegen Fortuna Köln. Nach 90 Minuten hieß es vor 1200 Zuschauern 2:1 für die Gäste aus der Südstadt. Grund genug für @koelnsued, ein Interview mit Fortuna-Blogger @janblurr einzulegen.
2:1 gegen die #effzeh-Amateure gewonnen, zumindest kurzzeitig dadurch an die Tabellenspitze gestürmt und auch vom Support her einen guten Eindruck hinterlassen. Ist die Fortuna-Welt derzeit komplett in Ordnung?
Wirklich meckern kann man gerade nicht, oder? 2:1, Derbysieger. Spitzenreiter. Wie geil ist das denn?! Ich hab immer noch Gänsehaut, wenn ich an Freitagabend denken muss. Aber ernsthaft, ich kann mich nicht wirklich erinnern, jemals einen so guten Saisonstart mitbekommen zu haben. Normalerweise gehen die ersten Spiele immer in die Hose und dann krampft sich die Mannschaft durch die Hinrunde. Das ist dieses Mal komplett anders.
Man könnte also meinen, dass in der Südstadt gerade alles rosarot ist. Sportlich mag das auch so sein, obwohl ich da noch Luft nach oben sehe. Im Umfeld ist es bedeutend ruhiger geworden, auch wenn solche Aktionen, wie im Spiel gegen Duisburg II, als auf der Tribüne irgendwelche Vollidioten meinten, einen farbigen Spieler des Gegners rassistisch beleidigen zu müssen, nicht gerade zum Imagegewinn des Vereins beitragen. Glücklicherweise wurde da sofort Öffentlichkeit hergestellt und reagiert, auch wenn der erste Bericht des Stadtanzeigers in der Kurve nicht so gut ankam. In Ordnung ist, meiner Meinung nach, auch, dass endlich dieses deinfussballclub.de Projekt beendet wurde und der Verein endlich wieder halbwegs normal geworden ist. Also, komplett in Ordnung ist die Fortuna-Welt sicher nicht, aber man ist auf dem richtigen Weg.
Die Fortuna ist in der Öffentlichkeit der Südstadtclub, quasi ein kölscher Veedelsverein. Wie hat dich die Leidenschaft gepackt – und was macht für dich den Reiz der Fortuna aus?
Stadtteilverein trifft es sehr genau. Allerdings wäre jeder Stadtteilverein wahrscheinlich gerne ein bisschen wie St. Pauli, und da hapert es bei der Fortuna dann doch ziemlich. Allein schon wegen der musikalischen Beschallung im Südstadion. Schlimme Musikauswahl.
Trotzdem gefällt mir die Verwurzelung des Vereins in der Südstadt bzw. im Kölner Süden. Das ist fast wie das gallische Dorf. Muss man mal drauf achten, sobald in Richtung Südstadion kommt, nehmen die Aufkleber mit Fortuna-Bezug schlagartig zu.
Ich selber bin das erste Mal 1989 ins Südstadion gegangen. Das hatte ganz pragmatische Gründe. Ich bin am Friedenspark groß geworden und konnte quasi die Flutlichtmasten sehen. Kann ich seit meinem Umzug übrigens auch wieder. Nun ja, und damals zu Zweitligazeiten war Fortuna ja auch noch eine ganz andere Hausnummer. Mein erstes Spiel im Südstadion war ein 1:1 gegen den SC Freiburg. Der Auslöser für den Besuch war allerdings das legendäre 5:6 gegen Wattenscheid zwei Wochen vorher. Danach habe ich meinen Vater so lange bearbeitet, bis er mit mir ins Stadion gegangen ist. Seitdem bin ich mehr oder weniger unregelmäßig zu Spielen gegangen, mindestens aber immer 1x pro Saison. Und seit dem Zweitligaabstieg versuche ich regelmäßig die Heimspiele mitzunehmen.
Wo liegt der Reiz? Gute Frage. Im Grunde genommen wird doch jeder, der zum Fußball geht, irgendetwas haben, was ihn da hinzieht. Es mag platt klingen, aber Fortuna ist eben anders. Was halt auch an der Liga liegt, in der man spielt. Hier werden Eckbälle eben nicht von Sponsoren präsentiert. Und hier geht der Präsident mit seinem Spendenball durch’s Publikum. Der ruft übrigens die Vereinsmitglieder auch zum Geburtstag an und gratuliert im Namen des Vereins. Es ist eben alles ein bisschen familiärer, kleiner, wärmer. Ich kann 10 Minuten vor Anpfiff zum Stadion gehen und kriege immer eine Karte. Ich muss für ein Kölsch nicht lange anstehen. Es gibt keine Chipkarten. Der Fanshop hängt seine Ware am Zaun auf. Der sprichwörtliche Rentner steht tatsächlich neben einem in der Kurve. Alles Kleinigkeiten, die den Besuch bei der Fortuna schön machen.
Für mich ist Fortuna halt einfach der Verein aus “meinem” Teil Kölns.
Wie sieht die Fanszene bei der Fortuna aus? Gibt es größere Gruppen? Sind viele Fans bei Euch auch auswärts am Start?
Eins vorweg: Was man nie vergessen darf, die Fortuna Eagles sind laut eigener Aussage die erste Ultragruppierung in Deutschland gewesen. Da müßtest du allerdings noch mal bei denen nachfragen, denn die genauen Hintergründe kenne ich nicht. (Lesetipp des Autors: Die Liebe zum Verein als Antrieb, koelnsport.de)
Es gibt, da sind manche Leute immer überrascht, bei der Fortuna einige Fangruppen. Die größten sind sicher die eben genannten Eagles, dann die Schäng Gäng und die Gruppe, die ich persönlich am sympathischten finde, die Mülltonn‘. Die Mülltonnen kommen eher aus der alternativen Szene in Köln, da kenne ich auch ein paar Gesichter von diversen Punkkonzerten. Die restlichen Gruppen mögen mir vergeben, wenn ich nicht mehr alle zusammenbekomme, man sieht in der Kurve die Banner halt so schlecht. Namen, die mir noch einfallen sind Kommando 11. Juni, Tarantula oder Der Lange Ball. Die machen im Südstadion auch gut Stimmung. Zeitweise wird das sogar sehr kreativ und spontan, aber die größte Zahl der Lieder und Sprechchöre kennt man sicher auch aus anderen Stadien.
Auswärts fahre ich kaum mit, aber da sind, wenn ich das im Livestream erkennen kann, schon so um die 100 Mann dabei. Und die sind dann auch immer ganz gut zu hören.
Der #effzeh hält die Vormachtstellung in der Stadt. Wie ist dein Verhältnis zu uns Geißböcken? Und wie stehen die Fortuna-Fans dem #effzeh gegenüber? Ablehnung? Zuneigung? Gibt es Schnittmengen?
Der EffZeh ist außer Reichweite, das muss man einfach anerkennen. Ich erinnere mich zwar mit Freude an die Derbysiege in der zweiten Liga, aber, seien wir ehrlich, auch da hat es niemanden gegeben, der deswegen zur Fortuna konvertiert ist. Es gibt eben leider keine wirkliche Nische für einen zweiten oder dritten Verein in Köln, wobei man mal abwarten muss, wie das jetzt mit Viktoria und Fortuna wird.
Persönlich ist mir der EffZeh ziemlich egal. Klar, ich würde mich freuen, wenn die wieder erstklassig spielen würden. Sicher, ich habe gelacht, als sie abgestiegen sind. Aber es ist nicht so, dass für mich die Welt stehen bleibt, wenn in Müngersdorf wieder irgendetwas aus dem Ruder läuft. Ich bin früher auch ins Stadion gegangen, 1991 oder 1992 müßte das gewesen sein. Aber gehalten hat mich dort nichts.
Was ich aber diversen Freunden aus anderen Städten immer wieder sage ist, dass die Stimmung, die es im Müngersdorfer Stadion vor dem Anpfiff gibt, ihresgleichen sucht. So was ist unbeschreiblich und darauf kann der EffZeh zurecht stolz sein.
Für Fortuna-Anhänger kann ich natürlich nicht sprechen, aber ich glaube, dass die meisten dem EffZeh die Daumen drücken. Da spielt eben rein, dass zwischen den beiden Vereinen zwei Ligen liegen. Man muss seine Loyalität nicht zwingend auf einen Verein begrenzen. Komplette Abneigung kann ich nicht wirklich erkennen. Beim Derby wurde in meiner Nähe über den Sieg von Union Berlin gejubelt, aber so was hat eher Seltenheitswert. Wenn es Abneigung gibt, dann wahrscheinlich am ehesten in Reihen der Fanclubs.
In der Regionalliga West kämpft ihr mit Viktoria Köln um die Tabellenspitze und den damit verbundenen Platz in der Aufstiegsrunde. Wird die vorhandene Rivalität zwischen beiden Fanlagern dadurch noch größer?
Uh, heikles Thema. Beide Vereine haben in den letzten Jahren ja des öfteren die Klingen gekreuzt. Und standen, das darf man ja auch nicht vergessen, beide schon vor den Trümmern ihrer Existenz. Die Rivalität ist sicher vorhanden und wird auch bei jedem Spiel der Fortuna gepflegt, wenn man “Scheiß Viktoria Junkersdorf” brüllt.
Wo das los ging, dass man regelrecht dem anderen das Schwarze unter den Fingernägeln nicht gönnt, kann ich nicht sagen, aber es gab so ein paar Etappen, die nicht dazu beigetragen haben, das Verhältnis zu verbessern. Die idiotische Aktion von Jonas Wendt, sich aus seinem Vertrag bei Fortuna rauszukaufen, um dann zur Viktoria zu wechseln (und dann macht der Sack auch noch zwei Tore im Derby!). Der “Angriff” von Viktoria mit einem polnischen Investor, der dann in der Insolvenz endete. Die Fusion mit Junkersdorf, um Ligen zu überspringen. Und zuletzt halt das Engagement von Wernze, der quasi alles, was er in Windeck mit aufgebaut hat, nach Höhenberg verpflanzt hat. Und die daran anschließenden Transfers von großen Namen (Wunderlich, Viogt, Federico) lassen in der Südstadt natürlich auch niemanden jubeln.
Ich kenne niemanden, der Viktoria-Fan ist, deswegen weiß ich gar nicht, wie man auf der Schäl Sick so tickt. Persönlich geht es mir da wie beim EffZeh, es ist mir halt recht egal. Allerdings ist dadurch, dass Viktoria in der gleichen Liga spielt, schon so eine Spannung da. Ich freue mich schon tierisch auf das Derby am 24.11. im Sportpark Höhenberg. Und da will ich natürlich einen Sieg sehen. Allein schon, um das Aufstiegsrennen weiter offen zu gestalten.
In der Fortuna-Kurve ist allerdings sicher ‘ne Menge Abneigung vorhanden, wenn es um Viktoria geht, da wird man dann sehen, wie sich das entladen wird. Dass sich beide Mannschaften zur Zeit auf Augenhöhe begegnen, ist für die Sportstadt Köln, glaube ich, sehr wohltuend.
Dem Gast steht das letzte Wort zu. Was möchtest du noch sagen, dass du nicht loswerden konntest?
Ich könnte jetzt fiese Witze von der Vorfreude auf bevorstehende Derbys in Liga 3 … aber lassen wir das. Ich bedanke mich erstmal für den Raum, der mir und der Fortuna hier eingeräumt wurde und hoffe, dass vielleicht ein paar Leute durch solche Interviews auch mal Lust auf einen Besuch im Südstadion bekommen. Der Zuschauerschnitt liegt zwar knapp über 1.000, aber ein paar mehr Leute sind doch immer schöner. Und wer’s nicht schafft, kann natürlich gerne bei mir im Blog reinschauen.
Ansonsten, ach, wünsch’ ich dem Lokalrivalen aus der zweiten Liga doch viel Glück, dass es wieder aufwärts geht. Davon würden sicher auch die Regionalligavereine aus Köln profitieren. Man muss schließlich och jönne künne.
Programmtipp der #SektionTwitter: Das Auswärtsspiel der Fortuna bei Rot-Weiß Oberhausen wird heute Abend um 20.15 Uhr live auf Sport1 gezeigt. Einschalten!
Danke für diesen so zutreffenden und warmherzigen Bericht über unsere Fortuna. Ich kann meinerseits nur sagen, dass sich Deine Empfindungen mit meinen decken.
Nur Fortuna Köln
Sportliche Grüße
Moni Hüsch
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Und nicht zu vergessen, dass durch DFC auch ein paar Leute außerhalb Kölns bei der Fortuna gebliebnen sind !