Das vielleicht schönste Halbjahr, das ich mit dem FC erleben durfte, geht zu Ende. Ein Halbjahr, das mir den FC auf eine Art und Weise gezeigt hat, wie ich es nicht für möglich gehalten habe. Als eloquenter, gut geführter Verein ohne Skandale und mit einer ansprechend spielenden Mannschaft. Und dann kann dieser Verein plötzlich auch noch Derbys gewinnen.
Und dabei hätte am Sonntag alles so viel schlimmer kommen können. Das wurde mir klar, als ich gegen frühen Vormittag die Treppen nach Gleis 4 des Bahnhofs Köln-Süd hochging und dort oben die Überreste eines Böllers vorfand, um den man einen „F95otzen“-Sticker geklebt hatte. Ein Sinnbild all dessen, was es manchmal so schwer macht, zur Fanszene des 1. FC Köln zu gehören. Unnötiges halbstarkes Böllern kombiniert mit dumpfen Sexismus, als ob es nicht zahlreiche andere Wege geben einen Verein zu beleidigen, dessen mediales Aushängeschild eine der peinlichsten Figuren des deutschen Pop-Rock ist.
Ohnehin kann ich dem Hype bezüglich Düsseldorf nur wenig abgewinnen. Dabei gab es Zeiten, wo ich richtig heiß auf dieses Spiel war. Das ist so fünf bis sechs Jahre her und die Mannschaften trennten noch zwei Ligen, zeitweise drei. Damals, als man nur mit unserer zweiten Mannschaft nach Düsseldorf fahren konnte. In dieser Zeit dachte ich, es könnte tatsächlich das größere Derby, als das gegen Gladbach sein. Ich lag falsch. Düsseldorf präsentierte sich in den vergangen Jahren als Emporkömmling, der gerne bei den Großen aus Köln und Gladbach mitspielen will, aber eben die Spielregeln weder kennt noch beherrscht. Der letzte Verein, der sich so präsentierte war Alemannia Aachen. Die Fortuna sollte sich deren Weg genau anschauen. Auch wenn sie ihr Stadion im Gegensatz zu Aachen von Stadt und Land geschenkt bekommen haben.
Der Weg nach Düsseldorf aber gestaltete sich insgesamt sehr angenehm, auch wenn man 20 Minuten im Kölner Hbf festhing, da der zweite der beiden Entlastungszüge auf der Hohenzollernbrücke stand und dort nicht mehr wegkam.
In Düsseldorf am Flughafen angekommen empfing uns ein Großaufgebot der Bundespolizei und überraschend zügig abfahrende Shuttlebusse zum Stadion. Vorbei an den vermutlich schönsten Ecken der Landeshauptstadt ging es zum Gästeblock. Oder irgendwie in die Nähe davon.
Das Einsatzkonzept der Polizei vor dem Gästeblock ist mit katastrophal noch unzureichend beschrieben. Mehrere Schleusen verengten den Weg zum eigentlichen Eingang des Gästeblocks und sorgte so dafür, dass die mehreren Tausend Kölner*innen selbst zum eigentlichen Anpfiff um halb 2 das Stadion nur aus der Ferne betrachten konnten. Folglich wurde immer wieder gedrängelt, Menschen gegen Wellenbrecher und Zäune gedrückt und schließlich immer wieder Polizeiabsperrungen überrannt. Die Polizei reagierte völlig überfordert, schlug um sich (ein Ellenbogen traf mich ins Gesicht, als ich unfreiwillig nach vorne gedrückt wurde) und sprühte mit Pfefferspray auf Menschen, die versuchten sich vor dem Gedränge in Sicherheit zu bringen, indem sie Absperrungen erklommen.
Vor dem eigentlichen Gästeblock war dann ein, später zwei, kleine Türen geöffnet durch welche die Menschen ins Stadion sollten. Und das war alles bevor der zweite offizielle Entlastungszug ankam.
Die Pointe des Ganzen? Kontrolliert wurde ich kaum, mein Rucksack nicht einmal geöffnet und meine Eintrittskarte musste ich nicht einmal vorzeigen.
Immerhin konnte ich den Anfang des Spiels, im Gegensatz zu einigen anderen meiner Freunde, im Stadion erleben. Und kam so auch in den Genuss der Düsseldorfer Choreo, die sich offensichtlich nichts eigenes auszudenken vermochten und somit letztlich nur die Kölner Choreo des Hinspiels kopierten.
Im Gästeblock brannten derweile zahlreiche pyrotechnische Gegenstände und erzeugten eine schöne Derbystimmung. Überhaupt nicht schön waren die beiden Leuchtspuren die aus unserem Block Richtung Spielfeld flogen sowie die hin und wieder gezündeten Böller. Das ganze ist unnötig wie ein neues Album der Toten Hosen und schadet jeglichen Versuchen Pyrotechnik zu legalisieren. Leider ziehen solche Derbys aber eben auch viele Menschen an, die man die restlichen Spiele des Jahres vergeblich auf den Tribünen sucht.
Positiv fiel der Stadionsprecher der Fortuna auf. Zwar gab es nach der ersten Halbzeit, in der Köln sowohl auf dem Rasen, als auch auf den Rängen den Ton angab, eine eher peinliche Ansprache an die Fans mit der Bitte sie mögen sich selbst hinterfragen und dem Flehen nach Derbystimmung, doch die restlichen Durchsagen waren angenehm nüchtern. Kein „Danke-Bitte-Eins-Nuulll“-Gedöns. Lediglich der Torschütze wurde einmalig ausgerufen. Sehr großes Lob und gerne mehr davon! Und gerne auch in Müngersdorf wieder mehr von dieser Sachlichkeit.
Wie positiv die Entwicklung der Mannschaft in den letzten Monaten war, zeigte erneut die Einstellung nach dem Ausgleich durch einen unnötigen Freistoß an der Strafraumgrenze. Wo frühere Mannschaften vermutlich noch 2:5 verloren hätten, kämpfte sich dieser FC zurück ins Spiel, ließ sich nicht von seiner Linie abbringen und belohnte sich durch Ujah schließlich selbst. Herbstmeister, Derbysieger, Tabellenführer, 8 Punkte auf einen Nicht-Aufstiegs-Platz. Es ist unglaublich wie sich der 1. FC Köln präsentiert, anderthalb Jahre nach dem man dem Abgrund entgegen wankte. Jetzt fuhr man aus der Landeshauptstadt nicht nur in Richtung Domstadt sondern auch in eine gefühlte hellstrahlende Zukunft.