Selten habe ich einem Ergebnis des FC am ersten Spieltag derart entspannt entgegen gesehen. Wenn ich in den vergangenen Jahren auf Grund meines Urlaubs Spiele des FC verpasst habe, konnte schon mal ein Abend für meine Mitreisenden ruiniert sein, bis ich das Ergebnis erfahren hatte.
Wenn es ein negatives Ergebnis war, auch anschließend noch. Ich verfluchte mein Handy, wenn es ausgerechnet während der neunzig Minuten seinen Dienst verweigerte und meine mühsam aufgetriebenen SMS-Liveticker nutzlos blieben.
Dieses Jahr nicht. Ich fuhr vollkommen entspannt vom Strand in das Ferienhäuschen, schaltete den Videotext ein, nahm die Niederlage zur Kenntnis und begann zu kochen.
Es ist ziemlich genau zehn Jahre her, dass ich ebenfalls auf Texel Urlaub gemacht habe und der 1. FC Köln abgestiegen war. Dort habe ich, als Nicht-Kölner, das erste mal den Text der damals noch recht jungen Hymne verstanden, und die Zeile „mer jonn mit dir, wenn et sin muss durch et fuer“ löste in meinem siebzehnjährigen Ich eine angenehme Trotzreaktion aus. Mochten wir auch abgestiegen sein, zum zweiten Mal, wir würden wieder kommen. Die Zeit in der zweiten Liga konnte uns nichts anhaben, wir waren Köln, wir waren der FC, wir würden wieder kommen.
Nach zehn Jahren hat sich nur eines geändert: meine Einstellung zur Hymne. Ich kann den Höhnern nichts mehr abgewinnen und wünsche mir, ein anderes Lied würde zur Hymne erklärt werden. Auswahl gibt es schließlich genug.
Geblieben ist die Trotzreaktion nach dem Abstieg, wenn sie sich inzwischen auch etwas anders äußert. Weniger kämpferisch, dafür abgeklärter.
Wir mögen in Braunschweig verlieren, wir mögen zu Hause gegen Sandhausen unglücklich unentschieden spielen und es mag eine ganze Zeit lang dauern, bis wir wieder in der 1. Liga spielen. Aber ich bin bereit diese Zeit zu ertragen.
Der Verein hat, notgedrungen, den heftigsten Umbruch seiner Geschichte hinter sich. Viele Dinge, die vom alten Präsidium zerstört wurden, werden Zeit brauchen um wieder zu funktionieren. Manches muss wieder auf den richtigen Weg gebracht werden, manches muss vollkommen neu aufgebaut werden. Die Bürden die auf dem Verein lasten sind enorm und nur durch starke Einschnitte in den Griff zu bekommen. Und diese Einschnitte werden auch sportlich spürbar sein, so wie an den ersten beiden Spieltagen der neuen Saison.
Viele Dinge werden sich nicht ändern. Der Boulevard wird weiterhin Sau für Sau durchs Dorf jagen, und der Großteil der Stadt und der Fans des 1. FC Köln wird die Sauen begeistert mit vor sich her treiben. Das ist es, was diesen Saisonstart ebenso würdelos macht, wie das Ende der letzten. Es sind die eigenen Fans, die aus einer perversen Lust am Untergang kombiniert mit Erwartungshaltungen die ihres gleichen Suchen die dem Verein schaden. Der Boulevard bedient den Markt, den die Fans dankenswerter Weise schaffen um sich anschließend wieder von ihm zu nähren. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen bedürfte es eines Umdenkens zu allererst bei den Fans. Doch im Gegensatz zur Vereinsführung scheint man an der Basis noch nicht begriffen zu haben, wie es um den 1. FC Köln bestellt ist. Das zeigt die Laola-Welle die beim Spiel gegen Sandhausen versucht wurde ebenso wie die Kommentare weit unter allen Gürtellinien nach dem Unentschieden. Eine Aussicht auf Besserung ist hier nicht gegeben. Auch in den kommenden Spielen wird die eigenen Mannschaft beschimpft werden, sobald ein Pass daneben geht oder ein Stellungsfehler das unglückliche Gegentor erzeugt. Junge Mannschaft hin, Umbruch her.
Aber auch das kann mir nichts mehr anhaben. Ich werde es zur Kenntnis nehmen und anschließend kochen.